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Algorithmus für faire Verteilung von Schutzsuchenden

Ob die Aufnahme und Integration von Geflüchteten gelingt, zeigt sich vor allem in den Kommunen. Doch nicht zuletzt ist eine entscheidende Frage, wie die Verteilung der Geflüchteten und Schutzsuchenden auf die Kommunen organisiert ist. Im Willkommen: Online Austausch – Matching von Geflüchteten und Kommunen – Re:Match ging es uns diesmal um die Vorstellung eines der beiden Forschungs-Projekte, die ein passgenaues „Matching“ von Geflüchteten und Kommunen zum Ziel haben: Re:Match und Match’In. Angefangen mit dem Projekt Re:Match, das bereits erste Ergebnisse aus der Pilotierungsphase vorweisen kann. Re:Match pilotiert durch ein Algorithmus-basiertes Verfahren Relocation von Schutzsuchenden aus EU- Außengrenzstaaten direkt in deutsche Kommunen.

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„Bisher gab es bei der Flüchtlingsverteilung auf europäischer Ebene, aber auch innerhalb Deutschlands, keine Orientierung an den Bedarfen von Schutzsuchenden,“ erläuterte Giulia Fellin, Projektleitung des Re:Match (Relocation via Matching) Projektes. Der neue Ansatz des Re:Match Projektes richtet sich dagegen nach den Bedarfen von Schutzsuchenden sowie Kommunen einerseits und den vorhandenen Kapazitäten andererseits. Ermittelt werden diese durch Interviews und Fragebogen. Das Matching zwischen Kommunen und Schutzsuchenden wird dann von einem Algorithmus durchgeführt, der für alle Teilnehmenden die beste Passung sucht. Auf diese Weise können die persönlichen Präferenzen und Bedarfe von Schutzsuchenden berücksichtigt werden. Gleichzeitig können Kommunen besser planen, da sie Angaben zu ihren Unterbringungskapazitäten machen konnten und sie mit Vorlauf mittgeilt bekommen, wer auf ihre Kommune zugewiesen wurde. So wird der Ankommens- und Integrationsprozess für beide Seiten besser unterstützt. Ziel ist, dass dieses Matching-System nicht nur in Deutschland, sondern auch in der EU angewendet wird und dies zu einer Entlastung der EU-Staaten an den Außengrenzen der EU führt. In Deutschland waren 2023 sechs Partnerkommunen an Re:Match beteiligt: Kiel, Braunschweig, Salzgitter, Düsseldorf, Troisdorf und Rottenburg am Neckar. In der Pilotphase von April bis September 2023 konnte Re:Match anhand eines daten- und präferenzgestützten Verfahrens 78 ukrainische Schutzsuchende aus Polen mit diesen sechs deutschen Städten zusammenführen und dort unterbringen. Fast alle Kommunen sind auch wieder in der Projektphase 2024 dabei.

Katja Wagner, Projektleiterin von Re:Match, erklärte die Kriterien des Algorithmus: Kommunen machen beispielsweise Angaben zu lokalen Unterstützungsangeboten, Art der Unterbringung, Größe der Kommune oder vohandene Religionsgemeinschaften. Geflüchtete werden um eine Priorisierung gebeten: Was ist Ihnen wichtig: beispielsweise schneller Zugang zu privatem Wohnen, Arbeit oder Bedarf nach barrierefreiem Wohnen. Ein Algorithmus sei deshalb notwendig, da für alle Schutzsuchenden die bestmögliche Kommune gesucht wird, die möglichst ihre Bedarfe matcht. Warum ist dafür ein Algorithmus notwendig? Der Re:match Algorithmus rechnet für 10 Bedarfsgemeinschaften, die auf 6 Städte verteilt werden sollen, ca. 7 Mio. Szenarien durch, um für alle die beste Platzierung zu finden – dies händisch zu machen, ist schlicht nicht zu schaffen. Die anschließende Zuweisung zu Kommunen erfolgt nicht nur effizienter und reibungslos, sondern erfährt auch mehr Akzeptanz seitens der Geflüchteten. Denn durch ihre Einbeziehung wird die Bereitschaft mitzuwirken größer und auch das Zugehörigkeitsgefühl steigt nach bereits drei Monaten.

Aus der Perspektive einer der sechs Pilotstädte schilderte Frauke Raßmann, Fachbereich Soziales und Gesundheit der Stadt Braunschweig, ihre Erfahrungen. Die Integration der Schutzsuchenden sei besser gelungen. Auch die Kapazitäten der Kommunen müssen berücksichtigt werden. Die Geflüchteten müssen sich im Prozess Gedanken über ihre Bedarfe und Prioritäten machen und diese entsprechend angeben. Der Algorithmus versucht, diese möglichst gut zu berücksichtigen. Das Verfahren erhöht dadurch die Akzeptanz bei den Geflüchteten. Das Matching-System Re:Match „wirkt so gegen das Gefühl der Ohnmacht und steigert die Motivation“, betont Frauke Raßmann.

„Es ist kein Wünsch-Dir-Was-Projekt“, so das Team von Re:Match, aber es bietet viele Vorteile. Bisher wird es nur für Schutzsuchende aus der Ukraine angewendet, Ziel ist eine Skalierung des Projektes. Derzeit werden weitere Kommunen gesucht, die sich an Re:Match beteiligen und 8-15 Schutzsuchende aufnehmen.

Weitere Infos: Link zur Präsentation
Infoblatt: Einladung an die Kommunen 
Link zur Website: Re:Match - Relocation von Geflüchteten via Matching (rematch-eu.org) 

Der nächste Online-Austausch von Bertelsmann Stiftung und Welcome Alliance (welcome-alliance.org) findet im Mai statt. Das Format wird auch künftig einmal pro Monat, dienstags in der Mittagszeit, in der Regel von 12:30 Uhr bis 13:30 Uhr, angeboten.